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Touch & Go Paris

Zugegeben, ich bin ein bekennender Frankreich-Fan. Und ich frage mich: Kann man eigentlich mit einem deutschen UL für einen Tagesausflug nach Paris fliegen? OK, nach LFPG „Charles de Gaulle“ dürfte es wohl eher schwierig werden! Aber was ist mit dem Airport Lognes LFPL? Durch seine Lage im Osten der Stadt ist er für einen solchen Trip geradezu prädestiniert.

Den Plan hege ich schon länger, allein der Blick auf die Luftraum-Situation um Paris hat mich bisher davon abgehalten, ist er doch durchaus geeignet, dem geneigten Piloten einen gewissen Respekt abzuringen. Heute sind wir mit zwei Personen in zwei Fliegern unterwegs, ein Freund mit seiner „Sting S4“ begleitet mich. 

Die Wolken über den Ardennen hängen extrem tief, allerdings ist die Schicht sehr dünn und darüber herrschen hervorragende Sichtflugbedingungen. Und für den worst case ist auch gesorgt, denn nach Süden ist es nahezu komplett frei.

Morgens um 0700LT habe ich mit Brussels Information sehr guten Kontakt. Und 20 min später haben wir Luxemburg und Belgien bereits hinter uns gelassen. In Frankreich jedoch ist um diese Zeit nicht eine einzige der drei FIS-Frequenzen bis Lognes besetzt. Ansonsten ist der Flug zwischen Bitburg und Sedan optisch spannend, denn ein Großteil erfolgt über einer geschlossenen Wolkendecke, aus der gelegentlich eine Bergspitze herausragt.

Nach 2/3 der Strecke kommen wir nördlich an Reims vorbei. Die Stadt ist aus mehreren Gründen erwähnenswert. Erstens wurde hier im Juli 1962 zwischen de Gaulle und Adenauer der Grundstein der deutsch-französischen Freundschaft gelegt und die ungeheure Last der Geschichte beiseite geschoben. Zum zweiten ist diese Stadt das Zentrum Frankreichs für die Champagner-Herstellung. Und schließlich drittens findet in der Stadt derzeit auch die Fußball Weltmeisterschaft der Damen statt. Morgen werden hier die zukünftigen Weltmeister aus den USA spielen!

Bereits 15 min vor der Ankunft in Lognes schalten wir auf den TWR um. Es ist nicht viel Verkehr um diese frühe Uhrzeit. Eine Maschine befindet sich in der Platzrunde. Nach der Meldung unserer Formation bekommen wir den langen Endanflug auf die Piste 26 zugewiesen. Nach zweieinhalb Stunden Flug mit kräftigem Gegenwind parken wir auf der Rasenfläche westlich des Tower. Wir gehen kurz zum Turm hinauf und informieren die beiden sehr netten Türmer über unsere Absichten. Was wir zu zahlen hätten, frage ich. Man brauche nur unsere Personalien, heißt es, ansonsten wäre alles in Ordnung – da fliegt man nach Paris und braucht nicht einmal die Landung zu bezahlen? Wir sind beeindruckt.

Aber nun heißt es: Paris genießen. Zunächst geht’s flotten Schrittes gut 2 km zur RER-Station „Metro Lognes“. Für 4,50 € fahren wir in 25 min bis zur Oper. Als erstes suchen wir uns ein kleines Bistro, es muss nun unbedingt ein typisches „petit déjeuner“ sein. Bei französischer Hintergrundmusik, einem café au lait und einem croissant mit Konfitüre tauchen wir innerhalb von nur 2 min ins „savoir-vivre de Paris“ ein!

Der weitere Spaziergang führt uns zunächst zur Kathedrale Notre-Dame, die einen bedauernswerten Anblick bietet. Der Brand Mitte April hat der Kirche wirklich arg zugesetzt. Über die Pont des Arts machen wir auch dem Louvre unsere Aufwartung, um schließlich durch den Jardin des Tuileries und über den Place de la Concorde bis fast zum Place Charles-de-Gaulle Étoile zu laufen. Dort melden sich erstmals Füße und Rücken in nennenswertem Maße, so dass wir noch ein weiteres Mal der Pariser Lebensart erliegen und uns im nächsten Bistro niederlassen.

Es hätte ja noch ein schöner Tag werden können, witzeln wir herum, nun müssen wir hier an der Champs-Élysée mit Blick auf den Triumphbogen herumsitzen und eine quirlige Geschäftigkeit um uns herum ertragen. Wir philosophieren über die deutsch-französische Geschichte und den Stoßseufzer Maximilians I, dem der Satz „leben wie Gott in Frankreich“ zugeschrieben wird, und der sogar als Kaiser des Heiligen Römischen Reiches die französischen Könige um ihre Machtfülle beneidete.

Wir laufen auch noch zum Eiffelturm hinüber, bestaunen die langen Schlangen vor den wenigen Kassen und schlendern anschließend das Champs de Mars hinunter bis zur École militaire. Dort setzen wir uns in die Metro und fahren wieder zurück zur Oper. Wir machen es uns im ebenso berühmten wie betagten “Café de la Paix” gemütlich, um ein letztes Mal die Pariser Lebensart zu spüren.

Das Café des Friedens ist das älteste und renommierteste Café von Paris. Es ist Teil des heutigen InterContinental, wurde bereits 1862 eingeweiht und ist damit älter als die Oper selbst. Ein Blick auf die Inneneinrichtung versetzt uns glatt um 100 Jahre in die Vergangenheit. Es ist das letzte, noch erhaltene Pariser Café aus dem 19. Jahrhundert. Und hinter dem jedem Vorhang scheint das Phantom der Oper zu lauern!

Beim Start wird es noch einmal spannend. Heute Morgen war wenig Verkehr, aber nun beim Rückflug stehen wir mit 5 Flugzeugen vor dem Rollhalt. Und zwischen jedem Start landet eine Maschine. Da heißt es höllisch aufpassen!!! Die Meldungen der französischen Piloten sind bisweilen schwer zu verstehen, da sind wir komplett vom Tower abhängig!

Der Start nach Westen ist ein tolles Erlebnis, den Eiffelturm sieht man sofort und als Paris-Kenner nimmt man auch weitere Details wie Montparnasse und Montmartre wahr. Ruck zuck sind wir über „Echo“, dort verlassen wir die Flugplatzfrequenz und wechseln nach Paris Info. Sogar der Wind, der unseren Hinflug so in die Länge gezogen hat, ist nun auf unserer Seite. Mit 145 kn Groundspeed geht’s wieder Richtung Eifel und Rheinland.

Fazit des Ausflugs:

Wir waren bereits um 10:30 Uhr mitten in der City und gegen 18:00 wieder in Lognes am Flugplatz. An wolkenarmen Tagen kann man problemlos  kurz nach 0900 in Lognes landen. Spricht man etwas französisch, geht’s mit Blindmeldungen auch noch deutlich früher. Wir hatten also über 7h Zeit. Es war eine tolle Flugerfahrung und ein großartiger Tag! Ach ja, unser Paris-Besuch war darüber hinaus durchaus nachhaltig: Denn nach 17 km Fußmarsch wussten wir auch am nächsten Tag noch, dass wir gestern in Paris waren!

Herbert Brendel
Juni 2019